Börsengänge 2018: „Ein gesunder IPO-Markt“

05. Dez. 2018

Börsengänge 2018: „Ein gesunder IPO-Markt“

Renata Bandov, bei der Deutschen Börse verantwortlich für den Bereich Pre-IPO & Capital Markets, spricht im Interview über das IPO-Jahr 2018.

Renata Bandov

Frau Bandov, welche Bilanz ziehen Sie für das IPO-Jahr 2018?

Wir hatten in Frankfurt ausgehend vom Emissionsvolumen eines der besten Jahre für Börsengänge seit der Jahrtausendwende – und das obwohl einige Emittenten in der zweiten Jahreshälfte aufgrund des schwierigen Marktumfelds ihren Börsengang kurzfristig verschoben haben. Wir entwickeln uns trotzdem positiver als der globale IPO-Markt. Denn weltweit gehen die Zahlen der Börsengänge eher zurück.

Die insgesamt 19 Börsengänge waren sowohl im Hinblick auf die Motive, warum die Unternehmen ans Frankfurter Parkett kamen, als auch die Branchen sehr unterschiedlich. Das spricht für einen gesunden IPO-Markt. Angefangen mit den beiden Schwergewichten Siemens Healthineers und DWS, die beide Ausgliederungen von DAX-Konzernen sind, über Technologie-Firmen wie AKASOL, die internationales Wachstum finanzieren wollen, bis hin zu Knorr-Bremse, wo es in erster Linie um die Nachfolgeregelung in einem Familienunternehmen ging.

Der IPO-Markt in Deutschland steht aber weiterhin vor großen Herausforderungen.  

Eine große Herausforderung ist und bleibt, die Rahmenbedingungen am Kapitalmarkt zu verbessern. Der Börsengang muss in Deutschland – auch aus Investorensicht – attraktiver werden. Dafür müssen alle Beteiligten eng zusammenarbeiten: Politik, Verbände, Investoren und Unternehmen. Mögliche Maßnahmen sind beispielsweise die steuerliche Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen oder Wagniskapitalanlagen durch Kapitalsammelstellen. Viele Länder sind da schon weiter. Schauen Sie nach Großbritannien oder nach Italien, wo zum Beispiel längerfristige Investitionen von Privatanlegern mit steuerlichen Vorteilen begünstigt werden. So etwas hat direkte positive Auswirkungen auf den IPO-Markt – und damit auch auf die gesunde Entwicklung der Realwirtschaft.

Stellt auch die fehlende Aktienkultur ein Problem dar?

Die deutsche Aktienkultur ist im Vergleich zu anderen Industrienationen relativ schwach ausgeprägt. Dies hat viele Gründe. Es geht unserer Meinung nach aber nicht nur darum, mehr Privatanleger für Börsengänge zu begeistern. Die Förderung der Aktienkultur ist ganzheitlicher und in erster Linie geht es darum, sich mit dem Thema Aktienanlage zu beschäftigen und Entscheidungen informiert treffen zu können. Und um das sicherzustellen, setzt sich die Deutsche Börse in erheblichem Umfang für die Vermittlung von Finanzwissen ein – aktuell etwa mit dem Ausbau des Besucherzentrums im Frankfurter Börsensaal, einer neuen digitalen Lernplattform oder mit der wichtigen Forderung, ein Schulfach Wirtschaft fest in den Lehrplan aufzunehmen.

Das grundlegende Verständnis ökonomischer Zusammenhänge und Kausalitäten versetzt uns in die Lage, uns ein eigenständiges Urteil zu bilden und vielleicht auch dann zu erkennen, dass Aktien ein wichtiger Teil unserer Altersvorsorge und unseres Vermögensaufbaus sein können und sollten.

Welche Rolle spielen Privatanleger denn bei einem Börsengang?

Wir finden es wichtig, dass auch Anleger die Möglichkeit haben, von Beginn der Börsennotiz an dabei zu sein. Hier sollte niemand pauschal ausgeschlossen werden. Dass sich zusätzliche Investorengruppen überhaupt an einer Aktienzeichnung beteiligen können, haben wir mit unserer noch relativ jungen Zeichnungsfunktionalität DirectPlace gestärkt: Family Offices, semiprofessionelle Anleger, Vermögensverwalter aber auch Privatanleger können neben institutionellen Investoren nun bereits während der Zeichnungsphase über ihre Depot-Bank Kaufaufträge am Handelsplatz Börse Frankfurt aufgeben. Für Emittenten ist das wiederum eine gute Möglichkeit ihre Investoren-Basis zu erweitern.