SPACs - Alternativer Weg an die Börse auf dem Vormarsch

29. März 2021

SPACs - Alternativer Weg an die Börse auf dem Vormarsch Philipp Melzer, Partner und Jörg Baumgartner, Counsel, CMS Deutschland

In jüngster Zeit erfreuen sich Special Purpose Acquisition Companies (kurz: SPACs) wieder großer Beliebtheit. SPACs sollen die Durchführung eines Börsengangs (IPO) erleichtern und Kosten sparen. Mehr als zehn Jahre nach dem Ende der ersten SPACs erlebt dieser alternative Weg an die Börse in den USA und Europa gerade einen neuen, rasanten Aufschwung.

Aktueller Boom

Im vergangenen Jahr nahm, auch im Zuge der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Verwerfungen an den Kapitalmärkten, die Bedeutung von SPACs hauptsächlich in den USA enorm zu. Die Mehrheit der durchgeführten IPOs in den USA waren solche von SPACs. Während von 2009 bis 2019 insgesamt 226 Börsengänge von SPACs durchgeführt wurden, waren es im Jahr 2020 allein schon 248 Börsengänge. In den USA hat es 2020 einen SPAC-Boom gegeben: 55% aller IPOs waren SPAC-IPOs, mit denen die SAPCs 83 Milliarden US-Dollar eingesammelten. Der rasante Aufwärtstrend ist ungebrochen: Schon vor Ablauf des ersten Quartals 2021 wurde die letztjährige Gesamtzahl von SPAC Börsengängen übertroffen.

In Europa gab es in den letzten Monaten drei SPAC-Börsengänge in Paris, London und Amsterdam. Auch in Frankfurt ist mit Lakestar Spac I kürzlich der erste SPAC seit etwa zehn Jahren an die Börse gegangen. Damals suchten neben Germany1 auch Helikos und European Cleantech1 nach geeigneten mittelständischen Unternehmen für die sog. „Business Combination“.

Zweck der SPAC

SPACs sind börsennotierte Mantelgesellschaften und verfügen über kein operatives Geschäft. Ihr einziges Ziel ist es bei einem Börsengang Kapital aufzunehmen, um damit ein nicht börsennotiertes Unternehmen zu übernehmen und diesem damit mittelbar an die Börse zu verhelfen. Mit dem durch einen IPO erzielten Erlös wird innerhalb einer bestimmten Frist (meist zwischen 24 und 30 Monaten) der Erwerb eines geeigneten Unternehmens angestrebt. Der größte Anteil an Zielunternehmen entstammte in 2020 dem Technologiesektor (ca. 27%).

Zuständig für die Akquise des Zielunternehmens ist das Management des SPACs, die sogenannten Sponsoren. Sie sind das Aushängeschild und - mangels eigenen operativen Geschäftsbetriebs - das wesentliche Asset des SPAC. Erfolg und Misserfolg des SPAC hängen vom Geschick und dem Ansehen der Sponsoren ab. Das Vertrauen in deren Fähigkeiten entscheidet hauptsächlich über den Erfolg des Börsengangs. Nach dem IPO kommt den Sponsoren die zentrale Aufgabe zu, ein geeignetes Zielunternehmen ausfindig zu machen und die Aktionäre in der Aktionärsversammlung von dessen Geschäftsmodell zu überzeugen.

Der Prozess des Erwerbs eines Zielunternehmens wird auch als „De-SPACing“ bezeichnet. Die leere Unternehmenshülle des SPAC „füllt“ sich dadurch mit einem operativ tätigen Zielunternehmen, das dadurch Zugang zum Kapitalmarkt erhält. Die Fusion kann als Cash Deal, Share Deal oder als Kombination beider Möglichkeiten erfolgen. Die Eigentümer des Zielunternehmens erhalten also als Vergütung entweder eine Zahlung oder Anteile am SPAC oder beides. Häufig verbleibt bei einem Share Deal den Inhabern des Zielunternehmens nach der Transaktion noch die Mehrheit der Aktien. Oft wird die Business Combination mit einer zusätzlichen Kapitalaufnahme kombiniert, um das erworbene Unternehmen mit zusätzlichem Wachstumskapital auszustatten.

Von den frühen, in Verruf geratenen sog. Blank Check Companies, die seit den 1980er Jahren bekannt sind, unterscheiden sich SPACs durch verschiedene Mechanismen, die Anleger schützen sollen. Über den Erwerb eines vom Management vorgeschlagenen Zielunternehmens entscheidet die Mehrheit der Aktionärsversammlung nach umfangreicher Darlegung der geplanten Transaktion. Ist nur der einzelne Aktionär (oder eine Minderheit bis oftmals maximal 30%) nicht von dem Deal überzeugt, können diese ihre Aktien am SPAC gegen Bezahlung zurückgeben. Läuft die Frist von 24 bis 30 Monaten ab, ohne dass ein Unternehmen erworben wurde, erhalten die Aktionäre im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft ihre investierten Mittel zurück. Der Emissionserlös wird bis dahin durch einen Treuhänder verwahrt. Das Management erhält hierauf erst zur Durchführung des Unternehmenserwerbs nach Zustimmung der Aktionärsversammlung oder zur Liquidation des SPAC Zugriff. Der restliche Teil des Emissionserlöses in Höhe von ca. 5% darf vom Management des SPAC zur Deckung der laufenden Kosten verwendet werden. Im Fall des Scheiterns oder Ausbleibens eines Unternehmenserwerbs entstehen daher kaum Verluste für die Anleger.

Vorteile eines SPACs für potentielle Zielunternehmen

Für Zielunternehmen besteht der Vorteil darin, einen Börsengang nicht selbst durchführen zu müssen. Dies erspart dem Unternehmen zum einen neben dem erforderlichen zeitlichen Vorlauf auch den nicht unerheblichen Aufwand, der mit der Vorbereitung eines „klassischen“ IPOs verbunden ist. Zum anderen ist der Erfolg durch die De-SPACing Transaktion für das Zielunternehmen unabhängig von einem sog. „IPO Window“, also von einer zum Zeitpunkt des Börsengangs günstigen Marktsituation. Somit ist dieser indirekte Weg an die Börse für das Zielunternehmen flexibler und unabhängiger von den bei einem IPO typischen Marktrisiken.

Gesellschaftsrechtlich lässt sich ein SPAC allerdings nicht nach deutschem Recht strukturieren, da zwingende aktienrechtliche Bestimmungen entgegenstehen, vor allem wegen der strengen Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsgrundsätze. Das SPAC kann aber auch in Form einer ausländischen Gesellschaft auch an Frankfurter Börse gelistet werden. Schon in der Vergangenheit wurden für die beiden SPAC-Listings in Deutschland (Helikos SE und die European CleanTech I SE) luxemburgische Gesellschaften gewählt. Diese Tradition wurde nun bei Lakestar fortgesetzt und weitere SPACs befinden sich aktuell in der Vorbereitung.

Nachteil Verwässerungseffekt

Für die SPAC-Investoren besteht ein gewisser nachteiliger Effekt in der Beteiligungsverwässerung, der dadurch entsteht, dass den Sponsoren ein nicht unerheblicher Anteil an kombinierten Unternehmen zusteht, ohne dass sie hierfür eine monetäre Gegenleistung erbracht haben. Die Attraktivität eines SPAC für Investoren hängt daher maßgeblich von der Fähigkeit des Sponsors ab, diese Gewährung von „Gratisaktien“ durch Identifikation eines attraktiven Zielunternehmens und einer für den SPAC günstigen Business Combination auszugleichen.

Fazit

SPACs bieten Unternehmen alternative Wege an die Börse. Durch die schon gelisteten SPACs, die auf der Suche nach Übernahmezielen sind, bietet sich vor allem auch für Unternehmen, die aktuell über einen Börsengang nachdenken (wie z.B. schnell wachsende Technologieunternehmen aus dem Start-up Bereich) , eine erleichterte Möglichkeit, eine Börsennotierung zu erreichen, ohne selbst einen IPO durchführen zu müssen.